Dresden goes Schwarzenberg! Aufruf zur Anreise nach Schwarzenberg am 13.12.2025

Aufruf zur Anreise vom Antifaschistischen Kollektiv Dresden (Link: https://antifakollektivdd.noblogs.org/ & Instagram).

Treff: 13.12.2025 zur gemeinsamen Zuganreise im Hauptbahnhof Dresden bei Subway um 09:30 Uhr!

Wir schreiben das Jahr 2025 im Erzgebirge. Die AfD holt – wie in vielen Regionen im Osten – fast die Hälfte aller Stimmen zur Bundestagswahl im Landkreis. Holte die Linke 2009 noch 25 %, sind es jetzt 7 %. Wie in vielen Regionen veränderte sich auch hier die politische Situation rapide. Der nationale, völkische Konsens baut auf einem langen Fundament rechter Kontinuitäten im Erzgebirge auf.

Die Reihe rechter Strukturen ist lang: faschistische Kameradschaften in den 90er Jahren, die zum Teil Grundlage des NSU und dessen Unterstützer*innen waren und schon damals das Hinterland mit Gewalt und Hass terrorisierten, bis hin zu einem Mord. Erinnert sei hier an Christopher W., der im erzgebirgischen Aue von homophoben Rechten umgebracht wurde. Rechte Gewalt wird von einer breiten Bevölkerungsmasse mit rechtskonservativem und rassistischem Gedankengut gedeckt. Zu erwähnen sind die rassistischen „Lichtelläufe“ 2013/14 in Schneeberg gegen die Unterbringung von Geflüchteten, organisiert vom NPD-Stadtrat Stefan Hartung (heute Freie Sachsen), mit tausenden Teilnehmenden aus der Region.

Die massenhaften Corona-Proteste, völkische Konzerte, rechtsesoterische Siedler*innen, antifeministische christliche Fundamentalist*innen in Annaberg-Buchholz, die „Freien Sachsen“, der „Dritte Weg“, militante Nazis und rechtsoffene Jugendliche – sie alle haben ihren festen Platz im Erzgebirge und haben sich über Jahre eine nationale Wohlfühlatmosphäre geschaffen, geprägt von Hass auf alles, was nicht hetero, weiß und rechts ist. Ein Blick in die Chronik der antifaschistischen Gruppe „Spektrum 360 Grad“ lohnt sich (Link: https://spektrum360.noblogs.org/?s=chronik). Der Erzgebirgskreis ist eine Schwerpunktregion rechter Gewalt, im Schnitt gibt es alle drei Tage neonazistische Vorfälle.

All dem gegenüber steht ein Hausprojekt in Schwarzenberg, ein Freiraum, der das Ziel hat, einen Kontrapunkt zur rechten Wohlfühlidylle zu schaffen. Ein Schutzraum, in dem Menschen sich entfalten können – unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Sexualität. Das Hausprojekt bietet Platz für Ideen und Projekte abseits kapitalistischer Verwertungslogiken. Gemeinsam und solidarisch kann man sich hier entfalten, durch Konzerte, Diskussions- und Bildungsveranstaltungen, offene Werkstätten oder eine solidarische Küche. Selbstverwaltete Projekte wie dieses sind wichtig in Zeiten des sozialen Kahlschlags und des gesellschaftlichen Rechtsrucks. Das sind die Orte, an denen Jugendliche gegen faschistisches Gedankengut immunisiert werden und sich nicht das rassistische Stammtischgelaber ihrer Eltern oder Mitschüler*innen anhören müssen. Hier können Menschen zusammenkommen, um sich gegen gesellschaftliche Missstände, gegen den Rechtsruck, gegen den nationalen Konsens in der Region oder gegen autoritäre Formierung zu organisieren und einen widerständigen Ort zu erschaffen, der klar seine Werte vertritt und einen Gegenentwurf zu den vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen darstellt.

Doch nicht nur rechte Hegemonien bedrohen derartige Bestrebungen, auch institutioneller Druck und Repression erschwerten in den letzten Jahren progressive Arbeit im Erzgebirge.  Am 27.04.2022 kam es zu Hausdurchsuchungen im gesamten Haus durch etwa zwei Hundertschaften der sächsischen Polizei. Bis heute ist der Grund schleierhaft. Der Durchsuchungsbeschluss war kurios: Gesucht wurde „eine Person“ aufgrund kleinerer Ordnungswidrigkeiten, allerdings wurde dafür sämtliches Besteck aufgefahren, das der Staat zu bieten hat. Vereinsräume wurden aufgebrochen und durchwühlt. Bauaufsichtsbehörde und Gewerbeamt wurden hinzugezogen, Bewohner*innen über mehrere Stunden festgehalten, und sämtliche Räume ohne Beschluss durchsucht. Die Aktion kann als Angriff auf die Struktur bezeichnet werden – mit dem Ziel, diese zu durchleuchten und einzuschüchtern.

Im darauffolgenden Jahr, am 08.11.2023 kam es zu koordinierten Hausdurchsuchungen gegen Antifaschist*innen in Dresden, Schwarzenberg, Chemnitz und Leipzig. In Schwarzenberg traf es erneut das linke Hausprojekt. Die Maßnahmen erfolgten auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Gera, die auch in anderen Bundesländern Durchsuchungen vollstrecken ließ. Anlass waren Vorwürfe des Landfriedensbruchs. Am 1. Mai 2023 fand in Gera eine Nazidemonstration des sogenannten „Aufbruch Gera“ statt. Dagegen formierte sich antifaschistischer Widerstand. Die antifaschistische Gegendemonstration wurde über einen längeren Zeitraum von der Polizei am Losgehen gehindert, woraufhin sich einige Menschen aus dem Kessel lösen wollten. Landfriedensbruch wird immer wieder Demoteilnehmenden willkürlich vorgeworfen und bietet einen großen juristischen Spielraum. Grund genug, wieder jeden Winkel des Hauses zu durchsuchen. Die Bewohner*innen werten auch diesen Eingriff als völlig überzogen und unnötig. Wieder wurden Türen aufgebrochen, und eine ganze Armada Polizei rückte an.

Am 04.02.2025 kam es zur mittlerweile dritten Hausdurchsuchung innerhalb von vier Jahren. Vorwand war erneut der Gummiparagraf des Landfriedensbruchs. Wieder rückte eine durchmilitarisierte Polizei an. Es gab keine Festnahmen o. Ä., dennoch wurden erneut Türen und anderes Inventar zerstört.

Der Hintergrund: Am 28.07. veranstaltete die AfD eine Wahlkampfveranstaltung mit dem Neonazi Maximilian Krah in Zwickau. Zeitgleich fand eine seit 14:00 Uhr laufende alternative Open-Air-Kulturveranstaltung der örtlichen Kunstplantage statt. Die Veranstalter*innen entschieden sich, diese abzubrechen, nachdem 30 Neonazis, die zuvor die AfD-Veranstaltung besucht hatten, im Begriff waren, die alternative Veranstaltung anzugreifen. Die mutmaßlichen Angreifer stammten aus dem Umfeld der Jungen Alternative. Der geplante Angriff konnte abgewendet werden, es kam „nur“ zu neonazistischen Bedrohungen gegen Besucher*innen sowie zu Ankündigungen, das Gelände „abzufackeln“. In derselben Nacht soll es eine angebliche Auseinandersetzung gegeben haben. Die Polizei ermittelte sieben mutmaßlich beteiligte Personen aus der linken Szene. Durchsuchungsbeschlüsse wurden in Saalfeld, Zwickau, Dresden und für das Hausprojekt in Schwarzenberg erlassen.

Rechtswidrige Durchsuchungen mit unverhältnismäßigen Großaufgeboten sind eine Strategie der Polizei, um reißerische Überschriften zu provozieren und mediale Aufmerksamkeit gegen linke Projekte zu erzeugen. Fast schon militärisch wirken die Aufmärsche der Polizei in Schwarzenberg: behelmte und gepanzerte Cops, mit Schilden und Waffen, dazu viele Fahrzeuge. Der Einsatz eines solch hochgerüsteten Großaufgebots soll Feindbilder in der Gesellschaft kreieren, die Einsätze als gefährlich rechtfertigen und sie zur Normalität werden lassen.

Bei den Wohnungsdurchsuchungen geht es kaum um die Sicherung von Beweismaterial oder das Ermitteln von Personen, die Plakate kleben. Die Aktionen reihen sich ein in eine fortwährende Kriminalisierung linker Bewegungen. Es ist eine weitere Strategie, ein bestimmtes Bild in der Öffentlichkeit zu schaffen – in der Hoffnung, dass sich die Gesellschaft entsolidarisiert. Das Projekt in Schwarzenberg fungiert einmal mehr als Symbol der linken Bewegung in der Region, an dem ein Exempel statuiert wird. Die konservative Mitte-rechts-Regierung in Sachsen hat sich den Kampf gegen „Linksextremismus“ auf die Fahne geschrieben.

Die Vorgehensweise der Polizei verschmilzt mit dem gesellschaftlichen Klima: dem national-völkischen Konsens in der Region, dem Heranwachsen einer extrem rechten Jugendkultur, den rechten Parolen im öffentlichen Raum und im digitalen Diskurs. Zivilgesellschaftliche Akteur*innen sehen die „Baseballschlägerjahre“ zurückkehren und berichten von einer Bedrohungslage, wie sie sie seit langem nicht mehr erlebt haben.

Daher ist es wichtig, sich mit diesen Strukturen im Hinterland zu solidarisieren. Jeder Angriff, jede Durchsuchung linker Strukturen ist als Angriff auf unsere Strukturen als Ganzes zu verstehen. Diese Hausprojekte in rechten Schwerpunktregionen müssen erhalten und weiter ausgebaut werden.

Wir brauchen als Linke einen Diskurs und eine Strategie, wie wir mit Kriminalisierungsversuchen des Staates und dem gesellschaftlichen Rechtsruck umgehen. Weder Resignation noch blinder Aktivismus oder Verbalradikalismus – wie im aktuellen Aufruf aus Schwarzenberg – werden die Antwort auf die Herausforderungen sein, mit denen wir konfrontiert sind und künftig konfrontiert werden. Lasst uns gemeinsam Wege finden, wie wir dem Repressionsdruck und dem Rechtsruck begegnen. 

Deshalb fahren wir am 13.12.2025 nach Schwarzenberg – für die, die dort jeden Tag unter Druck stehen. Für alle, die Räume verteidigen, die Alternativen schaffen, die sich dem Rechtsruck entgegenstellen.

Zeigen wir, dass das Hinterland nicht aufgegeben wird.

Dresden goes Schwarzenberg! Solidarisch im erzgebirgischen Hinterland!

Anreise vom Antifaschistischen Kollektiv Dresden (Link: https://antifakollektivdd.noblogs.org/) und Instagram.

Treff: 13.12.2025 zur gemeinsamen Zuganreise im Hauptbahnhof Dresden bei Subway um 09:30 Uhr!

Aufruf von der Antifa Elbflorenz 

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